Was ist eine Soziale Phobie?
Menschen mit einer Sozialen Phobie empfinden starke Angstgefühle, bei anderen Leuten durch „peinliches Verhalten“ auf Ablehnung zu stoßen, kritisiert oder ausgelacht zu werden. Der Betroffene befindet sich in einem Teufelskreis. Dadurch, dass er befürchtet, man sehe ihm seine Angst an, werden wiederum die körperlichen Symptome verstärkt.
Die Gedanken des Betroffenen kreisen fast nur noch um seine Ängste, was die Symptomatik wiederum verschärft. Durch diese Negativempfindungen ziehen sich Personen mit einer Sozialen Phobie immer mehr zurück, verstecken sich regelrecht vor anderen Personen und meiden Gesellschaft. Die Tür ist damit offen für weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen und auch Suchterkrankungen.
Es gibt Situationen, in denen ein gewisses Hinterfragen der Erscheinung auf andere normal ist. Zum Beispiel bei Präsentationen vor Publikum oder auch Gesprächen mit dem Vorgesetzten. Problematisch werden die Ängste erst, wenn sie die soziale Lebensführung einschränken und das private wie berufliche Leben darunter zu leiden beginnt oder zerstört wird.
Leitsymptome
1. Dysfunktionale Gedanken, in denen sich die Erwartung der negativen Bewertung durch andere niederschlägt, wie bspw.: „Ich bin dumm und ungeschickt und die anderen werden dies merken.“ Oder auch: „Andere sind klüger, attraktiver und selbstsicherer als ich.“ Es besteht oft ein niedriges Selbstwertgefühl und große Angst vor Kritik.
2. Körperliche Symptome wie Erröten, Zittern, Schwitzen, Atemnot, Herzrasen, Übelkeit, Harndrang, Durchfall, etc. – die Symptomatik kann der, von Panikattacken sehr ähneln, oder im schlimmsten Fall auch eine Panikattacke auslösen.
3. Spezifische Verhaltensweisen wie Vermeiden, Flucht oder Sicherheitsverhalten, das sich in ungeschickter oder wenig kompetenter Interaktion äußert (z. B. Distanziertheit, kein oder nur scheuer Blickkontakt, Einsilbigkeit oder andere Probleme beim Sprechen).
Ursachen einer Sozialen Phobie
Sozialen Phobien können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Meist fließen mehrere einzelne Faktoren zusammen, die am Ende das Krankheitsbild prägen.
Zu den einzelnen Faktoren gehören:
Genetische Faktoren: Kinder von Eltern mit Angststörungen haben ein deutlich höheres Risiko, selbst eine Angststörung zu entwickeln. (Man geht dabei von einer Erblichkeit von 30–50% aus.)
Missverhältnisses der Hirnbotenstoffe: Das Verhältnis der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin ist bei einer Sozialen Phobie vermutlich aus der Balance geraten.
Negative Lernerfahrungen: Oft wird der Grundstein der Erkrankung bereits im Kindes- und Jugendalter gelegt. Betroffene berichten von gesellschaftlichen Negativerlebnissen wie z. B. Mobbing in der Schule oder öffentlichen Demütigungen. Diese Erfahrungen können sich über die Jahre manifestieren, sodass Betroffene eine immer größer werdende Angst verspüren.
Persönlichkeitsmerkmale/Erziehung: Sowohl Kinder aus überfürsorglichen Haushalten als auch Kinder aus sehr gleichgültigen Familien können zu einer Sozialen Phobie neigen. Betroffene können kaum ein selbstständiges, autonomes Verhalten lernen oder aber es wird ihnen das Bild vermittelt, dass soziale Kontakte gefährlich sind. Erkrankte hatten in ihrer Vergangenheit generell nur wenig soziale Berührungspunkte, sodass ihnen auch die Übung im Umgang mit Menschen fehlt. Weitere Persönlichkeitsmerkmale, die eine Soziale Phobie prägen können sind unter anderem auch Perfektionismus und ein niedriges Selbstwertgefühl.
Kulturelle Hintergründe: Auch bestimmte Kulturen können einen gewissen Druck auf das gesellschaftliche Miteinander ausüben.
Viele ostasiatische Länder beispielsweise sind vom Altruismus geprägt, das eigene Verhalten und Erscheinungsbild könnten den Gegenüber „stören“. In westlichen Ländern dagegen steht das „Ich“ sehr im Vordergrund, hier ist die Angst eher darin begründet, man könnte sich selbst blamieren.
Angstzustände bekämpfen/überwinden
Kognitive Verhaltenstherapie: Diese Methode verspricht laut Studien einen großen Erfolg in Richtung Heilung, weshalb sie auch hauptsächlich angewendet wird. Es erfolgt zunächst eine ausführliche Aufklärung des Patienten über die Erkrankung an sich, die Faktoren, die bei der Entstehung und Aufrechterhaltung eine Rolle spielen und wie es sich mit dem eigenen Empfinden und den „bösen Gedanken“ verhält. Im späteren Verlauf der Therapie erfolgt eine Kognitive Umstrukturierung. Gedanken, Gefühle und Verhalten des Patienten werden hinterfragt und er wird darin geschult, sich unrealistischer und angsterzeugender Gedanken bewusst zu werden und diese abzuwenden.
Rollenspiele: Reale Situationen können mittels Rollenspiel nachgeahmt werden und bieten dem Patienten die Möglichkeit, durch Übung mehr Sicherheit im Alltag zu gewinnen. So kann z. B. eine Präsentation vor Publikum simuliert werden. Auch Videofeedback ist bei diesen Rollenspielen eine mögliche Maßnahme, um anschaulich zu reflektieren.
Konfrontation: Haben Betroffene bereits etwas mehr Sicherheit gewonnen, kommt evtl. auch eine Konfrontation infrage. Der Patient wird hierbei außerhalb der Praxis direkt einer unangenehmen Situation ausgesetzt. Dabei erlebt er dann oft, dass gar nicht so schlimm auf ihn reagiert wird und es kann sogar positives Feedback geben.
Psychodynamische Psychotherapie: Manchmal liegt die Ursache der Sozialen Phobie in der Vergangenheit, in bestimmten familiären Gegebenheiten oder anderen sozialen Konflikten. Es wird nach der Ursache geforscht, um dann Strategien zu entwickeln, die zur Lösung und Akzeptanz der Konflikte beitragen können.
Medikamente: In der Regel kommen sog. selektive „Serotonin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer“ (= SSRI bzw. SNRI) zum Einsatz. Diese verhindern ein zu schnelles Abdocken von Serotonin bzw. Noradrenalin vom jeweiligen Rezeptor. Bekannte Wirkstoffe sind u. a. Paroxetin, Sertralin und Venlafaxin. Man braucht allerdings zwei bis vier Wochen Geduld, bis sich erste positive Effekte zeigen. Gängige Nebenwirkungen können u. a. Unruhe, Übelkeit und sexuelle Funktionsstörungen sein.
Prognose
Je länger eine Soziale Phobie bereits besteht, umso schlechter ist auch die Prognose. Nicht selten entwickeln sich weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen, die eine Heilung um ein Vielfaches erschweren. Darum ist es wichtig, frühzeitig mit der Therapie zu beginnen. Jedoch zeigen Studienergebnisse, dass vor allem mit der Kognitiven Verhaltenstherapie gute Erfolge verzeichnet werden können, auch bei bereits länger bestehender Sozialer Phobie.
Für weitere Fragen sowie zur Kontaktaufnahme für eine Therapie stehe ich Ihnen gern telefonisch, per E-Mail oder persönlich jederzeit zur Verfügung.